Was ein Chorsänger wissen muss!
Stichworte und Begriffe
Was ist eigentlich „Gesang“
Was war zuerst ? Der Gesang und die Melodie oder das Klatschen der Hände und Stampfen der Beine in Verbindung mit dem Rhythmus? Beides wird wohl von Anfang an zusammengegangen sein. Während der Gesang mit der Sprache verbunden blieb, hat sich die Instrumentalmusik nach und nach von der Sprache gelöst und ging selbständige Wege.
Das Singen ohne verständliche Sprache ist selten, aber durchaus möglich so z.B. im Jubelgesang auf nur einer Tonsilbe in der Kirchenmusik, im volkstümlichen Jodeln oder im kunstvollen Koloraturgesang. Der Gesang richtet sich nach den Gegebenheiten der menschlichen Stimme. Diese sind naturgemäß sehr verschieden.
Die Pflege des Gesangs läßt sich bis ins Altertum verfolgen. Für die griechische Tragödie und Komödie wurden ausgebildete Sänger verlangt, die Choreuten. Im Mittelalter lag die Pflege des Gesangs in den Händen der Kirche und ihren Sängerschulen. Schola cantorum hieß die Sängerschule in Rom, nach deren Vorbild sich in Frankreich und Deutschland ebenfalls Sängerschulen bildeten.
Karl der Große muß von den gesanglichen Fähigkeiten seiner Landsleute nicht viel gehalten haben. Er förderte den Gesang innerhalb und außerhalb der Kirche und setzte sich für die Gründung von Sängerschulen ein. Sehr zum Ärger seiner Zeitgenossen ließ er dafür Sänger aus Italien kommen. An der Vormachtstellung der italienischen Gesangsschule hat sich seither nicht viel geändert.
Stichworte und Begriffe
Stimme
ist der für den Gesang das Tongebungs – und Sprechwerkzeug. Die drei wichtigen Teile des Gesangsapparates sind:
1. Lunge
Ein Nebenzweck des Atmens besteht darin, dass beim Ausströmen die Stimmlippen in Bewegung gesetzt werden. Atmen ermöglicht Sprache und Gesang. In den verschiedenen Atmungsmöglichkeiten unterscheiden sich die Gesangsschulen.
2. Der Kehlkopf
ist für die Tonbildung wichtigste Teil des Stimmapparates. Er besteht aus Knorpeln, Muskeln und Stimmlippen. Die aneinander liegenden Stimmlippen werden durch den hindurch strömenden Atem in Schwingung versetzt. Je länger die Stimmlippen, desto tiefer die Stimme. Deshalb haben Kinder hohe, Erwachsene tiefe Stimmen. Bei den hohen Tönen werden die schwingenden Teile der Stimmlippen verkürzt. Je nach Spannung ergeben sich verschiedene Register, Bruststimme, Kopfstimme, Fistel, Falsett.
3. Ansatzrohr
Ansatzrohr werden die oberhalb des Kehlkopfes liegenden Teile des Stimmapparates genannt, Schlund, Mund und Nasenhöhle. Der in den Stimmlippen erzeugte Ton ist klein und farblos. Seinen charakteristischen Klang gewinnt er im Ansatzrohr und durch Resonanz.
Register
Über das Stimmregister bestehen verschiedene Meinungen. Allgemein unterscheidet man zwischen Brust- und Kopfstimme. Bei der Bruststimme schwingen die Stimmlippen im ganzen, bei der Kopfstimme nur die inneren Ränder. Fistelstimme und Falsett sind reine Kopfstimmen. Die Schwierigkeit der Gesangstechnik beruht darauf, beide Register nahtlos ineinander übergehen zu lassen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als habe der Sänger zwei Stimmen.
Brummstimme – bocca chiusa
Summen mit starker Nasenresonanz. Sehr wirkungsvoll verwendet von den Russen in ihren Männerchören.
Belcanto
bezeichnet die schöne Art des Singens nach italienischer Schule. Der Schwerpunkt liegt auf absoluter Schönheit , Rundung und Fülle des Melodieflusses, weniger auf Gestaltung der Töne nach Wortinhalt.
Jodeln
Beim Jodeln schlägt die Bruststimme in die Kopfstimme über und umgekehrt. Es ist ein Singen auf Lautsilben. Diese Singweise ist besonders in den Alpenländern verbreitet und mit dem Brauchtum verbunden.
Falsett
ist durch Brustresonanz verstärkte Kopfstimme. Falsettisten oder „discantistae“ übernahmen früher im Chorsatz die heutige Sopranstimme. Das Falsett ist von der Fistelstimme zu unterscheiden. Diese ist leicht verhaucht, ermöglicht aber ungewöhnliche Höhen. Im Kunstgesang findet die Fistelstimme keine Verwendung.
Sopran
ital. soprano, der oberste
Der Sopran ist die höchste Stimmgattung von Knaben und Frauenstimmen. Der Tonumfang beträgt etwa C ‘ bis A‘‘. Früher war auch der Begriff Discantus üblich. Es war die Stimme, die dem cantus firmus hinzugefügt wurde. Sie wurde von falsettierenden Männern, den „discantistae“ ausgeführt.
Alt
ital. altus, hoch
Der Alt ist die tiefere der beiden Frauen- oder Knabenstimmen. Sie wurde ursprünglich von hohen Männerstimmen mit Brustton oder falsettierend gesungen. Der Umfang beträgt etwa klein g bis D‘‘. „Altus“ heißt „hoch“. Das widerspricht der heutigen Verwendung. Das Wort entwickelte sich aus der Unterscheidung von Contratenor altus und Contratenor bassus.
Tenor
lat., der Halter
Der Tenor ist die höhere der beiden Männerstimmen. Der Tonumfang beträgt etwa klein c bis A‘. Die Stimme wird im Violinschlüssel notiert, wobei eine kleine 8 unterhalb des Schlüssels angibt, dass in die untere Oktave zu tranponieren ist. In der frühen Chormusik war der Tenor der Träger des Cantus firmus. Er „hielt“ die Melodie, währen die anderen Stimmen ihn umspielten. Eine Gegenstimme hieß Kontratenor, eine andere Discantus.
Bass
lat. bassus, tief
Der Bass ist die tiefste menschliche Stimme, aus dem Contratenor bassus entstanden. Der Tonumfang beträgt etwa Groß F bis D‘. Mit der Entwicklung der Mehrstimmigkeit übernahm der Bass die Funktion einer harmonisch bestimmenden Stütze.
Vibrato
ital., gebebt
das leichte Beben des Tones beim Gesang. Ohne Vibrato erscheint uns der Ton tot. Eigentlich wechselt beim Vibrato der Hauptton mit dem naheliegenden Nebenton. Beim Übertreiben entsteht beim Gesang das geschmacklose, sentimental wirkende Tremolo. Bei unruhiger Atemführung verwandelt sich der Gesangston in eine unangenehme Folge von Tonstößen. Das Flackern des Tones wirkt als unsaubere Intonation. Chorsänger mit starken Vibrato stören den einheitlichen Chorklang. Das unnatürlich forcierte Vibrato hat im Chorgesang zu unterbleiben.
Mutation – Stimmbruch
Der Stimmwechsel tritt bei Knaben in der Pupertät auf. Er kündigt sich durch Stimmbruch an. Die Stimme schlägt in tiefe Lagen um. Man kann nicht voraussagen, wohin sich die Stimme entwickelt. Das Singen muß in der Zeit nicht unterbleiben, aber es ist Vorsicht geboten. Auch die Mädchen unterliegen der Mutation. Sie geht aber oft unbemerkt vor sich.
Stimmbildung
ist ein wichtiger Teil der Gesangsausbildung. Sie besteht im wesentlichen aus Stimmkunde, Phonetik, und Atempflege.
Beitrag entnommen meinem Lehrwerk Chorschule