Was ein Chorsänger wissen muss!
Stichworte und Begriffe
Was ist eigentlich „ein Chor“
Chor
griech., Reigen, lat. chorus
Choreuten nannte man in der griech. Tragödie die Sänger und Tänzer des Chores. Sie tanzten und sangen den feierlichen Reigen. Auch bei den Juden nahm der Reigentanz im Ritus einen wichtigen Platz ein, in der Bibel durch „chorus“ wiedergegeben. Zum Beispiel in den Psalem „Ein Lied im höheren Chor …“ oder bei Lukas 15,25 „Aber der Älteste Sohn war auf dem Felde. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er das Singen und den Reigen“
Die Weisen der Choreuten waren einstimmig, wie die Psalmen und Hymnen der mittelalterlichen Kirche. In frühchristlicher Zeit übertrug sich der Begriff Chor immer mehr auf die Sänger. Die Leitung des Chores oblag dem Kantor. Ein Vorsänger stand dem Chor gegenüber. So entwickelte sich der Wechselgesang. Vom Chor der Sängergemeinschaft wurde das Wort Chor auf den Raum der Kirche übertragen, in dem der Chor sang. Er sang im Altarraum und wurde durch den Lettner vom Kirchenschiff getrennt. Die Chöre dieser Zeit waren gering besetzt. Die päpstliche Kapelle des 15. Jahrhunderts bestand aus etwa 12 Mitgliedern. Eine Steigerung erfuhr der Chorklang im 16. Jahrhundert durch die Mehrchörigkeit in Italien, vorbildhaft am Markusdom in Venedig durch Gabrieli. Es bildeten sich auch Laienbruderschaften, die sich am kirchlichen Chorgesang beteiligten.
Neben dem kirchlich institutionalisierten Chorgesang gab es auch die Hofkapellen der Fürstenhöfe. Besonderes Ansehen genossen die Hofkapellen von München und Dresden. Die Kapellsänger sangen in der Hofkapelle, im Gegensatz zu den Kammermusikern, die in den fürstlichen Sälen und Kammern musizierten. Man sang als reiner Männerchor – Knabensopran, Männerstimme als falcetierender Alt, Tenor, Bass.
Geselliges mehrstimmiges Singen gab es in den Patrizier- und Bürgerhäusern . Es ist bestimmt durch Männer und Frauen gemischtstimmig gewesen. Der Nürnberger Patrizier Lochamer ließ um 1550 für das häusliche Musizieren ein Chorbuch anfertigen, das von dem hohen Niveau seiner Zeit zeugt. Auch andere Musikliebhaber haben eigene mehrstimmige Liederbücher angefertigt. Fröhliche Madrigale und „Teutsche Gesänge“ wurden auch von Scholaren und Studenten mehrstimmig gesungen.
In den Nonnenklöstern gab es den
Frauenchorgesang, jedoch nicht in den Gottesdiensten. Erst seit Anfang des 18.Jahrhunderts wurden Frauen im Chor zugelassen. Knabenstimmen und Falsettisten sangen die hohen Chorstimmen, Sopran und Alt. Johann Sebastian Bach kam als Kantor in Arnstadt in arge Bedrängnis, als der Magistrat erfuhr, dass er eine „frembde Jungfer auf das Chor biethen und musizieren lassen“.
Mit Einführung der deutschen Sprache im protestantischen Gottesdienst und dem Gemeindegesang änderte sich die Stellung des Chores im Gottesdienst. Neben dem kunstvollen Chorgesang wurde auch der schlichte Liedsatz gepflegt, der den Gemeindegesang fördern und führen sollte. Die Komponisten trugen den veränderten Bedingungen Rechnung, indem sie Psalmen und Kirchengesänge in alter Art, „fugweis“ oder einfach mit Melodie in der Oberstimme, „simpliciter“ setzten. In den Städten bildeten sich an den Lateinschulen Chöre, die nicht nur im Gottesdienst, sondern zu allen Anlässen städtischen Lebens sangen, wie Festlichkeiten, Begräbnisse, Hochzeiten, Stiftungen. Sie wurden oft unterstützt durch sangesfreudigen Bürger, den Adjuvantenchören.
Mit dem Aufkommen der Aufklärung und Romantik wurde der Chorgesang nicht nur von den überkommenen Institutionen der Kirche, sondern immer mehr von dem aufsteigenden Bürgertum gepflegt. Es bildeten sich
Singakademien und Oratorienchöre. Die romantische Vorstellung vom Volkstum, die sich in der Pflege des Volksliedes zeigt, aber auch patriotisch nationales Gedankengut führte in Deutschland zur Gründung vieler Chöre und Sängerbünde.
Kurrende lat. currere, laufen – Die Kurrende ist ein Gruppe von Sängern, die an bestimmten Festtagen, bei Hochzeiten, Taufen,Beerdigungen usw. von Haus zu Haus zieht, Lieder und Chöre singt und dafür Geld oder Essen erhält. Oft haben sich die Chorknaben durch Kurrendesingen ihren Lebensunterhalt verdient. Der Brauch war besonder im 17.Jahrhundert in Sachsen und Thüringen verbreitet. Martin Luther war als Kind Kurrendesänger in Eisenach. Das heutige Singen der „Sternsinger“ am Dreikönigstag ist auch ein Kurrendesingen.
Kantorei lat. cantare, singen – Die Kantorei war ursprünglich eine freie Vereinigung von Sängern, die sich die musikalische Ausschmückung des Gottesdienstes zum Ziele setzten, oft ergänzt durch höfische Berufssänger, die an den Höfen zur Mitwirkung im Gottesdienst verpflichtet waren. Oft schlossen sich die Mitglieder der Kantoreien in kirchlichen Bruderschaften zusammen. Martin Luther förderte die Kantoreien, die vielfach mit den Schulchören zusammen arbeiteten. So entstand in den Städten eine Frühform des bürgerlichen Musiklebens.
Adjuvantenchöre lat. adjuvare, helfen – Nach dem Vorbild der Kantoreien schlossen sich ab etwa 1600 in sächsischen und thüringischen. Dörfern Laien zu Chören zusammen um dem Lehrer oder Kantor bei der gottesdienstlichen Musik zu helfen. Dieser Brauch verbreitete sich auch im protestantischen Norden Deutschlands.
Frauenchor – Der Frauenchor singt gleichstimmig in der Besetzung Sopran I, Sopran II und Alt oder vierstimmig Sopran I, Sopran II und Alt I, Alt II.. Außer in den Nonnenklöstern ist uns Frauenchorsingen nicht überliefert.. Erst im bürgerlichen Musikleben des 19. Jahrhunderts, mit der beginnenden Emanzipation der Frau traten Frauenchöre an die Öffentlichkeit.
Männerchor – Liedertafel – Streng genommen ist das Chorsingen bis Anfang des 18.Jahrhunderts ein Männerchorsingen gewesen. Auch die hohen Stimmen Sopran und Alt wurden durch Männer- bzw. Knabenstimmen besetzt. Analog zum Frauenchor ist der reine Männerchor eine gleichstimmige Chorgattung. Der Männerchor singt fast ausschließlich im vierstimmigen Satz und ist mit den Stimmen 1.Tenor, 2.Tenor und 1.Bass, 2.Bass besetzt. Der Goethefreund K.F.Zelter gilt als Erfinder des „Männerchorgesangs“. Er gründete 1809 die Berliner Liedertafel, die bald viele Nachahmer fand. In den Liedertafeln und Männergesangvereinen lebte etwas von den alten Männerbünden weiter. Sie waren oft Stätte nationalen Gedankengutes und galten als Sinnbilder des Bürgertums.
Gemischter Chor – Die beginnende Emanzipation der Frau in der Zeit der Aufklärung ermöglichte im Bürgertum die Bildung von gemischten Chören.
Knabenchor – Im Bereich der katholischen Kirchen sind die Wiener Sängerknaben neben den Regensburger Domspatzen die bekanntesten Knabenchöre. In der evangelischen Kirche sind die Thomaner in Leipzig und Kruzianer in Dresden die Knabenchöre mit großem Ansehen und langer Tradition. Knabenchöre singen als gemischter Chor. Sie waren die Regel als den Frauen die Mitwirkung am Gottesdienst verwehrt war.
Kinderchor – Der Kinderchor ist wohl die jüngste Chorgattung, ein Produkt der Singbewegung und der Schulerziehung unserer Tage. Die Arbeit in den Kinderchören ist stark von pädagogischem Bemühen geprägt. Kinderchöre singen selten a-cappella, meist ein- und zweistimmig mit Instrumentalbegleitung.
Rundfunkchor – Neben den Sinfonieorchestern unterhalten einige Rundfunkanstalten Chöre. Es sind reine Berufschöre von hohem künstlerischem Niveau.
Opernchor – Der Opernchor ist in seinem Kern ein Berufschor. Er wird vielfach durch den „Extrachor“ interessierter opernbegeisterter Laiensänger ergänzt.
Massenchor und Kammerchor – Waren die Chöre früher für unsere Verhältnisse eher klein besetzt, (Bach und auch Schütz verfügten über nicht mehr als 30 Sänger), so bildeten sich im vergangenen Jahrhundert für besondere Ereignisse wahre Massenchöre. Das aufstrebende Bürgertum nahm aktiv am Chorsingen teil. Bachs Kantaten und Händels Oratorien wurden mit über 300 Sängern besetzt. Auf Musikfesten kam es zu wahren Massenaufgeboten, und es wurden dafür eigens neue Chöre gegründet. Heute wird wieder der durchsichtige Klang der kleinen Kammerchöre bevorzugt
Was wir heute unter Chor verstehen bildete sich erst im 17. und 18. Jahrhundert. Man verstand unter Chor auch eine Gruppe musizierender Instrumentalisten. Die Begriffe wie Posaunenchor, Geigenchor, Streicherchor, Flötenchor sind auch heute noch Begriffe des gemeinsamen Musizierens gleichartiger Instrumente
weitere Begriffe:
Chorraum (Altarraum)
Chorempore ( Empore in den Kirchen oft identisch mit der Orgelempore )
Chormusik (musikalische Werke für Singstimmen a cappella oder mit Instrumenten)
Chor (Register der Orgel und des Akkordeons)
Beitrag entnommen meinem Lehrwerk Chorschule